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Filesharing beim gemeinsam genutzten Internetanschluss - Ende des Hütchenspiels? | beck-community
Filesharing beim gemeinsam genutzten Internetanschluss - Ende des Hütchenspiels? | beck-community: Filesharing beim gemeinsam genutzten Internetanschluss - Ende des Hütchenspiels?
von Paetrick Sakowski, veröffentlicht am 04.04.2017
Rechtsgebiete: Urheber- und Medienrecht|15 Aufrufe
Wer seinen Internetanschluss für andere Nutzer öffnet, haftet für von diesen begangene Rechtsverstöße grundsätzlich nicht als Täter. Die Gretchenfrage aber ist, was im Einzelnen der Anschlussinhaber hierzu vortragen muss. Die bisher zu dieser Frage ergangene Rechtsprechung eröffnet ihm ein Schlupfloch. Dieses hat sich nun durch eine aktuelle Entscheidung des BGH ein Stück weit verengt und steht durch eine Vorlagefrage an den EuGH weiter auf dem Prüfstand.
Die Rechtsprechung zur Haftung in Filesharingfällen bei einem von mehreren Personen genutzten Privatanschluss hat einige Irrungen und Wirrungen hinter sich. Die lebensfremde Ansicht, dass zumindest auf Unterlassung hafte, wer als Anschlussinhaber etwa seinen nichtehelichen Lebenspartner nicht darüber belehrt, dass illegales Filesharing zu unterbleiben habe (LG Hamburg NJW-RR 2014, 1263), ist mittlerweile durch den BGH begraben worden (GRUR 2016, 1289 - Silver Linings Playbook). Für Anschlussinhaber bietet sich, um einer Verurteilung zur Leistung von Schadensersatz wegen einer Urheberrechtsverletzung zu entgehen, vor allem an, die Schuld auf einen anderen Anschlussnutzer zu schieben. Diese Möglichkeit eröffnet sich in einer legalen, aber nunmehr vom BGH verschlossenen und in einer zweiten, zu falschem Vortrag einladenden, bis auf Weiteres aber äußerst wirksamen Variante.
In der legalen Variante trägt der Anschlussinhaber vor, er sei der Möglichkeit einer Urheberrechtsverletzung in zumutbarem Maße nachgegangen. Diese sei von einem den gemeinsamen Anschluss nutzenden Familienangehörigen begangen worden. Von welchem werde er allerdings nicht sagen. Ließe man diesen Vortrag ausreichen, um eine Täterschaft des Anschlussinhabers auszuschließen, bliebe dem Rechteinhaber nur, sämtliche den Anschluss nutzenden Familienmitglieder zu verklagen. Da er aber über keinen Anhalt verfügt, wer denn nun tatsächlich der Täter ist, kann er selbst bei schlichtem Schweigen der Beklagten nicht mit seiner Klage durchdringen. Der BGH hat in einem aktuellen Urteil, dessen Gründe noch nicht vorliegen, eine derartige "Selbstenthaftung" des Anschlussinhabers erschwert (Urteil v. 30.03.2017, Az. I ZR 19/16). Der Anschlussinhaber genüge seiner sekundären Darlegungslast, mit der er die tatsächliche Vermutung seiner Täterschaft erschüttern kann, nur dann, wenn er den ihm bekannten tatsächlichen Täter auch benennt. Der BGH hat daher die Verurteilung des beklagten Anschlussinhaber-Ehepaars zur Zahlung von Schadensersatz bestätigt, da dieses sich geweigert hatte, dasjenige ihrer drei Kinder zu benennen, das Täter der Urheberrechtsverletzung war.
Um einer Haftung auf Schadensersatz zu entgehen, müssten Anschlussinhaber daher zu Variante zwei greifen: Sie müssten vortragen, dass sie zwar zumutbare Nachforschungspflichten unternommen haben, ihnen der wahre Täter aber weiterhin unbekannt geblieben ist. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, ist an einem solchen Vortrag nichts auszusetzen. Es besteht aber die nicht von der Hand zu weisende Gefahr, dass die Nachforschung nur behauptet oder der wahre Täter zwar bekannt, dieses Wissen aber geleugnet wird. Um es deutlich zu sagen, dieses Verhalten verstößt nicht nur gegen die prozessuale Wahrheitspflicht nach § 138 Abs.1 ZPO, sondern ist darüber hinaus als Prozessbetrug strafbar. Zeugen, die mit ihrer Aussage wissentlich falschen Vortrag des Beklagten bestätigen, machen sich zudem der uneidlichen Falschaussage strafbar. So eindeutig die Rechtslage, so schwer ist solches Verhalten zu sanktionieren, wenn die Beteiligten einigermaßen geschickt lügen.
Ob der BGH in der Variante zwei eine Haftung des Anschlussinhabers ausschließen würde, wenn lediglich die abstrakte Möglichkeit einer Nutzung durch einen Dritten eröffnet ist oder ob nicht doch ein detaillierterer Vortrag zu dessen Nutzungsverhalten und zum Zeitpunkt der Nutzung erforderlich ist, ist nicht ganz klar. Das LG München I (Beschluss vom 17.03.2017 - Az. 21 S 24454/14) geht von ersterem aus und hat dem EuGH zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Das Gericht geht davon aus, dass ein effektiver Rechtsschutz für Rechteinhaber bei einer solchen Handhabung der Schadensersatzpflicht nicht mehr gewährleistet sei. Geschickten Prozessbetrügern wäre natürlich auch bei Zugrundelegung der strengeren Anforderungen die zielgerichtete Lüge möglich, sie würde jedoch zumindest erschwert.
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